Zahn ziehen trotz Blutverdünner oder Bisphosphonaten? Risiken, Sicherheit & Aufklärung
Zahn ziehen trotz Blutverdünner oder Bisphosphonaten? Risiken, Sicherheit & Aufklärung
nach den aktuellen wissenschaftlichen Leitlinien recherchiert
Immer häufiger stehen Zahnärzte vor der Frage: Darf ich bei diesem Patienten den Zahn ziehen, obwohl er Blutverdünner nimmt oder andere kritische Medikamente? Unsere Gesellschaft wird älter, und Zahnschmerzen bleiben leider auch mit 70+ ein Thema. Gleichzeitig bekommen immer mehr – Schätzungen gehen von über einer Million – Menschen in Deutschland dauerhaft Antikoagulanzien (Gerinnungshemmer) verschrieben. Neue Medikamente kommen auf den Markt, Leitlinien ändern sich regelmäßig. Patienten sorgen sich: „Was, wenn ich verblute?“ oder „Droht mir eine Kiefernekrose?“ – solche Fragen hören wir in der Praxis oft.
Täglich kommen Patienten in unsere Praxis zur Beratung vor einem chirurgischen Eingriff. Die meisten von ihnen nehmen eines der in diesem Beitrag erwähnten Medikamente ein. Die Sorgen begleiten die Patienten oder – was durchaus oft der fall ist – sie wissen gar nicht, was zu beachten ist. Wir können diese Patienten schnell und versiert aufklären, die Rahmenbedingungen an den Eingriff anpassen und in den allermeisten Fällen sind die Patienten hoch zufrieden und überstehen alles sehr gut und ohne Komplikationen.
Die gute Nachricht: In den meisten Fällen kann man auch Zahn ziehen trotz Blutverdünner oder anderer kritischer Medikamente – wenn man richtig vorbereitet. Moderne zahnärztliche Leitlinien und eine enge Absprache mit den behandelnden Ärzten sorgen für Sicherheit. Selbst wenn plötzlich Zahnschmerzen beim Kauen auftreten und ein Zahn dringend raus muss, lässt sich das heute meist ambulant und ohne Komplikationen lösen. Im Folgenden klären wir über die wichtigsten Medikamentengruppen auf, zeigen Risiken sowie konkrete Maßnahmen, wie Ihr Zahnarzt für eine sichere Behandlung sorgt.
Antikoagulanzien & Zahnmedizin: Was man wissen sollte
Antikoagulanzien („Blutverdünner“) sind Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen. Viele Patienten nehmen sie z.B. wegen Vorhofflimmern, nach einer Thrombose oder mit Herzklappenersatz ein. Dazu zählen klassische Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon (Marcumar®) und die neueren direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK bzw. NOAK) wie Apixaban, Rivaroxaban oder Dabigatran. Außerdem gibt es Thrombozytenaggregationshemmer wie ASS (Aspirin) oder Clopidogrel, die oft nach Herzinfarkt oder Stentimplantation gegeben werden.
In jeder Zahnarztpraxis gehören solche Patienten inzwischen zum Alltag. Man schätzt, dass über 1,5 Mio. Menschen in Deutschland orale Antikoagulanzien einnehmen – Tendenz steigend. Auch Fast jeder zweite Patient über 60 in kieferchirurgischen Kliniken steht unter „Blutverdünnung“. Kein Wunder also, dass die Frage nach dem Zahnziehen unter Gerinnungshemmern so häufig ist. Früher war man extrem vorsichtig: Bei Zahnextraktionen wurde oft empfohlen, das blutverdünnende Medikament vorher abzusetzen oder zu „pausieren“. Manche Patienten bekamen Heparin-Spritzen als Überbrückung. Doch heute weiß man: Ein Absetzen ist meist nicht nötig – und kann oft riskanter sein als der Eingriff selbst.
Warum? Das Absetzen erhöht die Gefahr für Schlaganfälle oder Thrombosen, ohne dass der Nutzen für die Zahn-OP eindeutig wäre. Studien und aktuelle Leitlinien zeigen, dass man bei den meisten zahnärztlichen Eingriffen die Antikoagulation weiterführen kann. Gerade einfache Zahnextraktionen im gut komprimierbaren Bereich (z.B. im Seitenzahnbereich, wo man gut auf die Wunde drücken kann) verlaufen in der Regel problemlos, selbst wenn das Blut etwas dünner ist. Wichtig ist aber: Ohne Rücksprache sollte weder Patient noch Zahnarzt an der Medikation drehen! Änderungen – egal ob Marcumar oder DOAK – erfolgen immer in Absprache mit dem Hausarzt oder Kardiologen.
Blutungsrisiko – Zahnextraktion unter Marcumar & DOAKs
Natürlich birgt jede Zahnentfernung ein gewisses Nachblutungsrisiko. Bei gesunden Patienten liegt es nur bei ca. 0,4–2,9% – also sehr niedrig. Unter Antikoagulanzien ist dieses Risiko etwas höher, aber beherrschbar. Marcumar-Patienten sollten vor dem Eingriff ihren aktuellen INR-Wert kennen. Liegt er im therapeutischen Bereich (meist 2,0–3,5, je nach Indikation), kann in Absprache oft ohne Unterbrechung behandelt werden. Ist der INR überraschend hoch (>3,5), würde der Zahnarzt ggf. mit dem Arzt Rücksprache halten. DOAK-Patienten profitieren von der kurzen Halbwertszeit dieser Mittel: Hier empfiehlt es sich häufig, die Einnahme am Behandlungstag zu timen. Beispielsweise wird bei 2x täglicher Einnahme die morgendliche Dosis nach der Extraktion genommen oder – je nach Blutungsrisiko – einmal ausgelassen und erst einige Stunden nach dem Ziehen nachgeholt. Eine individuelle Einschätzung ist wichtig: Der Zahnarzt berücksichtigt Art des Eingriffs (ein kleiner Schneidezahn vs. mehrere große Backenzähne), Blutungsneigung des Patienten und Begleitmedikation. Auch ASS (Aspirin) als Dauertherapie lässt man normalerweise weiterlaufen, vor allem in Monotherapie, da ein Absetzen Herzrisiken birgt und das Blutungsmehrgewicht in der Mundhöhle gering ist. Bei Dualer Therapie (z.B. ASS und Clopidogrel) oder Kombination von Blutverdünnern entscheidet der Facharzt im Einzelfall, oft in Absprache mit dem Zahnarzt.
Wichtig zu wissen: Selbst wenn es unter Blutverdünnern leicht nachblutet, gibt es effektive Gegenmittel. Der Zahnarzt setzt lokale blutstillende Maßnahmen ein – etwa das gründliche Vernähen der Wunde, spezielle Hämostyptika (blutstillende Schwämmchen) in der Zahnalveole und einen festen Kompressionsverband zum Zubeißen. Zusätzlich kann ein antifibrinolytisches Mittel wie Tranexamsäure als Spülung helfen, die Gerinnung lokal zu stabilisieren. So wird die Wunde lokal versiegelt, während die systemische Gerinnung geschützt bleibt. Auch Patienten können etwas tun: nicht spucken, nicht stark spülen und körperliche Anstrengung nach der Operation meiden, damit kein unnötiger Blutdruckanstieg die Blutung provoziert.
Ein häufiger Begleitaspekt ist das Thema Zahnfleischbluten. Patienten auf Antikoagulanzien bemerken öfter, dass das Zahnfleisch blutet beim Zähneputzen – normal oder Warnsignal? Meist ist es harmlos und durch die Medikation verstärkt – gesundes Zahnfleisch hört schnell wieder auf zu bluten. Dennoch sollte anhaltendes Zahnfleischbluten zahnärztlich untersucht werden, da es auch auf eine Zahnfleischentzündung – was tun? hindeuten kann. Hier gilt: Lieber früh behandeln lassen, bevor eine Entzündung eine Zahnextraktion überhaupt erst nötig macht.
Vor einiger Zeit behandelten wir einen Patienten mit Marcumar, der wegen eines vereiterten Zahns starke Schmerzen hatte. Er war unsicher, ob wir den Zahn ziehen können – wir haben den Blutverdünner nach Rücksprache mit dem Kardiologen kurzzeitig abgesetzt, den zahn entfernt und der Patient hat die Medikamente kurz danach wieder eingenommen. Es kam zu keinen Blutungen oder Nachblutungen. Der Patient war darüber sehr zufrieden.
Bisphosphonate & Denosumab – Risiko einer Kiefernekrose
Neben den Blutverdünnern gibt es Medikamente, die weniger das Blut, dafür aber den Knochenstoffwechsel betreffen – mit Auswirkungen auf den Kiefer. Bisphosphonate (z.B. Alendronsäure, Zoledronsäure) und der monoklonale Antikörper Denosumab (Prolia® / Xgeva®) werden bei Osteoporose und in der Krebstherapie (bei Knochenmetastasen, Multiplem Myelom) eingesetzt. Sie wirken, vereinfacht gesagt, indem sie den Abbau der Knochensubstanz bremsen. Das Problem: In seltenen Fällen können sie eine medikamentenassoziierte Kiefernekrose (MRONJ) auslösen – einen schlecht heilenden Knochendefekt im Kieferbereich. Dieses Risiko besteht vor allem, wenn ein Knochen-traumatisches Ereignis vorliegt, z.B. eine Zahnextraktion oder Implantatsetzung, während diese Medikamente im Körper wirken.
Die Zahlen beruhigen etwas: Bei niedriger Dosierung (z.B. Osteoporose-Behandlung) liegt das Risiko für eine Kiefernekrose laut Studien bei etwa 0,1 % – also 1 von 1.000 Patienten. Bei hochdosierter Therapie, wie sie in der Onkologie verwendet wird, kann das Risiko allerdings auf einige Prozent ansteigen. Insgesamt wird die Häufigkeit medikamentenbedingter Kiefernekrosen mit ca. 0,1–1 % angegeben, je nach Patientengruppe. In Deutschland erhalten pro Jahr schätzungsweise über 500.000 Patienten eine Therapie mit Bisphosphonaten oder Denosumab – diese Nebenwirkung ist also ein wichtiges Thema. Kein Wunder, dass viele Betroffene besorgt fragen: „Kann der Zahn überhaupt gezogen werden, wenn ich Bisphosphonate nehme?“
Die Antwort lautet: Ja, aber mit besonderer Umsicht. Zunächst versucht der Zahnarzt immer, einen gefährdeten Zahn zu retten, um eine Extraktion – und damit ein Nekroserisiko – zu vermeiden. Ist das nicht möglich, wird sehr sorgfältig geplant: Oft wird prophylaktisch ein Antibiotikum gegeben, um Infektionen zu vermeiden, und der Eingriff so atraumatisch wie möglich gestaltet. Das bedeutet z.B., den Zahn in Stücke zu teilen und schonend zu entfernen, anstatt mit Kraft herauszuhebeln. Das Knochengewebe wird glatt abgeschliffen, und die Wunde wird dicht vernäht, damit kein Knochen frei liegt. Nach der Extraktion folgen engmaschige Kontrollen. Treten Warnzeichen auf wie anhaltende Schmerzen, Schwellung oder freiliegender Knochen, muss sofort nachbehandelt werden. Eine frühe Intervention kann oft verhindern, dass eine kleine Bereich zu einer großen Nekrose wird.
Auch monoklonale Antikörper und neuere Medikamente, die in den Knochenstoffwechsel oder die Gefäßneubildung eingreifen, können selten Kiefernekrosen begünstigen. So sind unter Bevacizumab (einem Krebsmedikament gegen Gefäßneubildung) sowie dem neuen Osteoporose-Antikörper Romosozumab vereinzelt Fälle von Kiefernekrosen beschrieben. Diese Wirkstoffe werden zwar viel seltener eingesetzt als Bisphosphonate, doch Ihr Zahnarzt wird auch hier Vorsichtsmaßnahmen treffen, falls Sie solche Medikamente erhalten. In jedem Fall gilt: Unbedingt den Zahnarzt informieren, wenn man derartige Medikamente (auch in der Vergangenheit) bekommen hat. Die Auswirkungen können noch jahrelang nachwirken, insbesondere bei Bisphosphonaten, die sich im Knochen einlagern. Gemeinsam wird dann entschieden, ob ein Eingriff ambulant vertretbar ist oder ob besondere Maßnahmen nötig sind.
Übrigens: Falls nach einer Zahnentfernung oder Implantation ungewöhnliche Beschwerden auftreten, sollte man frühzeitig den Zahnarzt aufsuchen. Wenn z.B. ein Zahnimplantat schmerzt – ist das gefährlich? – dann könnte in seltenen Fällen eine Infektion oder beginnende Knochennekrose dahinterstecken. Solche Warnsignale dürfen nicht ignoriert werden. Lieber einmal zu viel kontrollieren lassen: Im frühen Stadium sind Kiefernekrosen behandelbar, im späten Stadium dagegen sehr langwierig.
Strahlen- und Chemotherapie: Besonderheiten für die Zahnmedizin
Krebspatienten und Menschen mit schweren chronischen Erkrankungen haben oft zusätzliche Risiken bei zahnärztlichen Behandlungen. Chemotherapie zum Beispiel wirkt auf das blutbildende System: Blutplättchen und weiße Blutkörperchen können stark absinken. Das bedeutet erhöhtes Blutungsrisiko und anfälligeres Immunsystem – eine ungünstige Kombination für chirurgische Eingriffe. Zahnärzte stimmen deshalb den Zeitpunkt einer Zahnentfernunggenau mit den Onkologen ab: Ideal ist ein Therapiefenster, wenn die Blutwerte stabil sind (z.B. kurz vor dem nächsten Chemo-Zyklus oder in einer Behandlungspause). Oft wird in solchen Fällen ebenfalls antibiotisch abgeschirmt, da die Infektionsabwehr geschwächt sein kann. Ähnliche Überlegungen gelten für andere Immunsuppressiva: Patienten nach Organtransplantation oder mit Autoimmunerkrankungen (Rheuma, Crohn, usw.), die Medikamente wie Kortison, MTX, Ciclosporin oder moderne Biologika nehmen, haben eine reduzierte Wundheilung und Abwehr. Ein kleiner Infekt kann sich bei ihnen eher ausweiten. Eine banale Zahnfleischentzündung – was tun? ist unter Immunsuppression keineswegs banal, sondern sollte rasch behandelt werden, bevor sie zu einer größeren Parodontitis wird. Für elektive Eingriffe versucht man, die Immunsuppression möglichst niedrig zu halten (natürlich nur nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt) und sorgt für eine keimarme Umgebung.
Eine Strahlentherapie im Kopf-Hals-Bereich (z.B. bei Zungen- oder Kehlkopfkrebs) stellt einen Sonderfall dar. Bestrahlter Kieferknochen ist ein Leben lang anfälliger für eine sogenannte Osteoradionekrose – eine durch Bestrahlung bedingte Knochennekrose. Daher gilt hier: Nach Möglichkeit sollten vor Beginn der Bestrahlung alle zahnmedizinisch problematischen Herde saniert oder Zähne entfernt werden. Muss ein Zahn im bestrahlten Gebiet später gezogen werden, kann dies ein sehr vorsichtiges Vorgehen erfordern, eventuell sogar unter Einsatz von hyperbarer Sauerstofftherapie (Druckkammerbehandlung) zur Verbesserung der Heilung. Die Notwendigkeit entscheidet der Kieferchirurg individuell. Zum Glück sind solche Fälle selten. Wichtig ist, dass Sie Ihren Zahnarzt immer über eine laufende oder frühere Strahlentherapie informieren. So kann er geeignete Maßnahmen treffen, etwa eine besonders schonende OP-Technik oder prophylaktische Antibiotika.
Wie Zahnärzte vorgehen – Leitliniengerechte Vorbereitung & Rücksprache
Man sieht: Der Schlüssel für eine sichere Zahnbehandlung trotz „Risikomedikamenten“ liegt in gründlicher Vorbereitung und Kommunikation. Ihr Zahnarzt wird zunächst eine ausführliche Anamnese erheben: Welche Medikamente nehmen Sie ein? Seit wann? In welcher Dosierung? Auch Begleiterkrankungen und vorherige Probleme (z.B. stärkere Nachblutung bei früherer OP) gehören in diese Bestandsaufnahme. Daher unser Patientenhinweis: Immer Arztbriefe und eine aktuelle Medikamentenliste mitbringen! Das erspart Rückfragen und Verwechslungen. Falls nötig, holt der Zahnarzt zusätzlich Informationen vom Hausarzt, Kardiologen oder Onkologen ein – oft genügt ein kurzer Anruf. So kann gemeinsam festgelegt werden, ob z.B. das Zahnziehen unter Antikoagulanzien direkt erfolgen kann oder ob man den Gerinnungshemmer doch vorübergehend anpasst. In seltenen Situationen (etwa bei Cumarin-Patienten mit sehr hohem Thromboserisiko) kann ein stationäres Vorgehen sinnvoll sein. Generell richten sich Zahnärzte heutzutage nach aktuellen S3-Leitlinien und Empfehlungen der Fachgesellschaften, um das Vorgehen evidence-based zu gestalten. Diese Leitlinien werden laufend aktualisiert, gerade weil immer neue Medikamente auf den Markt kommen. Was gestern noch galt („Gerinnungshemmer absetzen“), ist heute vielleicht überholt. Ihr Behandler bleibt hier auf dem neuesten Stand – Sie dürfen ihn ruhig darauf ansprechen, wenn Sie unsicher sind. Eine zweite Zahnarztmeinung einzuholen, kann ebenfalls sinnvoll sein, falls die vorgeschlagene Vorgehensweise unklar erscheint oder Sie einfach ein besseres Gefühl brauchen (Wie sinnvoll ist eine zweite Zahnarztmeinung?). Ein vertrauensvoller, fachkundiger Zahnarzt wird Ihr Anliegen immer ernst nehmen.
Zur Vorbereitung gehört auch die Optimierung der Mundgesundheit vor dem Eingriff. Denn ein entzündungsfreies, gepflegtes Gebiss heilt am besten. Deshalb kann es angezeigt sein, vor einer geplanten Extraktion zunächst eine Professionelle Zahnreinigung: Wie oft und warum? durchzuführen und entzündetes Zahnfleisch zu behandeln. Dadurch reduziert man Bakterien und senkt das Komplikationsrisiko. Insbesondere bei Patienten mit schwächerem Immunsystem (etwa unter Chemo oder Kortison) zahlt sich diese Vorbereitung aus. Der alte Grundsatz „so sauber wie möglich in die OP gehen“ gilt auch im Mund.
Während der Behandlung selbst sind alle Beteiligten wachsam: Von der sorgfältigen Anästhesie (ggf. mit zusätzlicher Überwachung, wenn z.B. der Patient sehr ängstlich oder vorerkrankt ist) bis hin zur minimalinvasiven Technik. Apropos Anästhesie: Lokalanästhesie wirkt auch bei Patienten unter den genannten Medikamenten ganz normal. Es gibt keine direkten Wechselwirkungen zwischen gängigen Antibiotika und den verwendeten Betäubungsmitteln. Allerdings kann eine akute Entzündung (etwa ein starker Abszess) die Wirkung des Lokalanästhetikums vermindern – man sagt oft, „die Spritze wirkt im entzündeten Gebiet schlechter“. In solchen Fällen hilft manchmal tatsächlich ein kurzer Antibiotika-Einsatz vorab, um die Entzündung einzudämmen, damit die örtliche Betäubung optimal greifen kann. Ihr Zahnarzt wägt das individuell ab. Wichtig zu wissen ist außerdem, dass bestimmte Antibiotika die Wirkung von Gerinnungshemmern verstärken können. Ein klassisches Beispiel ist Metronidazol, das oft bei Zahninfektionen verordnet wird – es kann die gerinnungshemmende Wirkung von Marcumar & Co. erhöhen. Daher wird der Zahnarzt hier besonders achtsam sein, ggf. andere Antibiotika wählen oder die Gerinnungswerte engmaschiger kontrollieren.
Wann ein Krankenhaus die richtige Wahl ist
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen gibt es Situationen, in denen eine ambulante Behandlung an ihre Grenzen stößt. Wann also lieber gleich in die Klinik? Ein Kriterium ist die Komplexität des Eingriffs bei gleichzeitig hohem Risiko: Müssen z.B. mehrere Zähne auf einmal gezogen werden bei einem Patienten mit hohem Blutungsrisiko, kann es ratsam sein, dies unter stationären Bedingungen zu tun. Dort stehen Blutkonserven, bessere Überwachungsmöglichkeiten und im Notfall ein Eingriffsteam bereit. Auch Patienten mit schweren Grunderkrankungen (etwa instabilem Herzleiden, frischem Schlaganfall, schwerer Hämophilie) profitieren von der Sicherheit eines Krankenhauses. In einigen Fällen wird ein geplanter Zahnzug unter Vollnarkose oder Sedierung erforderlich – z.B. bei extremen Angstpatienten oder wenn körperliche/geistige Einschränkungen vorliegen. Angstpatienten mit umfangreichen Eingriffen und vielen Risiken fühlen sich im Umfeld einer Klinik oft sicherer aufgehoben, da im Bedarfsfall Intensivmediziner greifbar sind (Zahnarztangst: Was hilft wirklich? – manchmal hilft es allein zu wissen, dass man im Krankenhaus ist).
Ein weiterer Grund für die Klinik ist die interdisziplinäre Betreuung: So kann bei einem onkologischen Patienten gleichzeitig der Mund-Kiefer-Gesichtschirurg, der Onkologe und ggf. der Kieferorthopäde beratend zur Seite stehen. Auch im Falle einer auftretenden Komplikation (stärkere Blutung, Infektion, Reaktion auf Medikamente) hat man im Krankenhaus sofort alle Möglichkeiten zur Hand, während in der Praxis erst ein Notdienst gerufen werden müsste. Ihr Zahnarzt wird Ihnen ehrlich sagen, wenn er einen Fall lieber überweist – das ist kein Grund zur Beunruhigung, sondern ein Zeichen von Verantwortung. In den meisten Städten gibt es spezialisierte oralchirurgische Kliniken oder Ambulanzen, die genau für solche Fälle ausgestattet sind. Scheuen Sie sich nicht, diese Option anzunehmen, wenn sie empfohlen wird. Die Hauptsache ist, dass Sie optimal versorgt werden.
Patientenhinweis: Immer Arztbrief & Medikamentenliste mitbringen
Wir haben es oben schon erwähnt, doch es kann nicht oft genug gesagt werden: Informieren Sie Ihren Zahnarzt über alle Medikamente und Vorerkrankungen! Bringen Sie am besten zum Termin einen aktuellen Medikamentenplan oder die Verpackungen der Medikamente mit. Ein Arztbrief (z.B. vom Kardiologen, Hausarzt oder Onkologen), in dem Diagnosen und Therapie stehen, ist Gold wert. So können wir Zahnärzte schneller Rücksprache halten und wissen genau, mit welchen Wechselwirkungen zu rechnen ist. Viele Komplikationen lassen sich vermeiden, wenn wir im Vorfeld alle Fakten kennen. Haben Sie einen Antikoagulationsausweis (oft der Fall bei Marcumar-Patienten) oder einen Gerinnungspass, zeigen Sie ihn uns. Falls Blutwerte wie INR oder aktuelle Laborwerte vorhanden sind, ruhig mitbringen. Bei Bisphosphonat-Patienten: Wissen Sie noch, wann Sie das Medikament erhalten haben und in welcher Dosis? Jede Info kann helfen, Ihr Risiko besser einzuschätzen. Denken Sie daran: Wir sitzen im selben Boot – je mehr wir über Ihre Gesundheit wissen, desto besser können wir Sie behandeln.
Übrigens: Scheuen Sie sich nicht, Fragen zu stellen. Viele Patienten sind unsicher, ob sie vor dem Zahnarztbesuch z.B. ihre Medikamente morgens einnehmen sollen. Rufen Sie im Zweifel kurz vorher in der Praxis an – wir geben gerne Auskunft. Nichts ist schlimmer, als aus Angst vor Fehlern den Termin abzusagen oder notwendige Behandlungen hinauszuzögern. Sprechen Sie offen über Ihre Bedenken. Ein guter Zahnarzt wird immer versuchen, Ihre Ängste zu lindern und gemeinsam einen sicheren Behandlungsplan zu entwickeln.
Fazit & Ausblick: Sicher zum Zahnziehen trotz Risikomedikamenten
Zusammenfassend lässt sich sagen: Zahn ziehen trotz Blutverdünner, Bisphosphonate & Co. – das geht in den meisten Fällen gut, wenn man einige Regeln beachtet. Die modernen Therapien ermöglichen Millionen von Patienten ein längeres, gesünderes Leben, und die Zahnmedizin hat sich darauf eingestellt. Wichtig ist eine individuelle Risikoabwägung: Nicht jede Standard-Empfehlung passt zu jedem Patienten. Deshalb setzen wir auf persönliche Beratung und Planung. Für Sie als Patient heißt das: Machen Sie sich bewusst, dass Sie kein Einzelfall sind – Ihr Problem ist bekannt und lösbar. Halten Sie Ihre Zahnärzte und Ärzte auf dem Laufenden, bereiten Sie sich mit guter Mundhygiene vor, und vertrauen Sie auf die Erfahrung der Behandler. So lassen sich die allermeisten Zähne sicher entfernen, ohne dass Sie wegen Ihrer Medikamente die Gesundheit aufs Spiel setzen müssen. Sollte doch einmal Unsicherheit bestehen, holen Sie sich Rat: Unsicher? Jetzt Fotos & Befunde online einschicken! Unser Team bei DentoHelp.de berät Sie gerne persönlich und erklärt die nächsten Schritte – damit Sie schnell wieder schmerzfrei lächeln können.